Olympionike motiviert bei Bezirksmeisterschaften Schwimmen
Kasseler Vereine nutzen Heimvorteil
Am vergangenen Wochenende richtete der Casseler Schwimmverein Kurhessen v. 1898 e.V. die Bezirks- und Bezirksjahrgangsmeisterschaften im heimischen Kasseler Auebad aus. An der Veranstaltung nahmen 280 Sportler*innen aus dem Bezirk Hessen Nord teil. Die jüngsten Teilnehmer*innen gehören dabei dem Geburtsjahr 2015 an, der älteste Routinier wurde im Jahre 1959 geboren. Die Veranstaltung war also von der Altersstruktur sehr breit gefächert, dadurch auch fast wieder auf Vor-Corona Niveau. Diese erfreulichen Zahlen sind auch dank der sehr guten Nachwuchsarbeit der Vereine möglich. Weiter zeigt es auch, dass die Umstrukturierung und Anpassung der Vereine durch die Teilschließungen der Bäder aufgrund der Energiekrise gelungen ist.
Die meisten Einzelstarts meldete der Kasseler SV (436), gefolgt von der SG ACT Baunatal (268) und den Wasserfreunden Fulda (172). Bei den Staffelmeldungen erreichte das größte „Teamwork“ ebenfalls der heimische Kasseler SV, dahinter die Gudensberger SG gefolgt von der SG ACT Baunatal.
Die Titelkämpfe starteten mit den 200m Freistil am Samstagmorgen. Im Jahrgang 2012 sicherte sich hier Lia Rüppel von der SG ACT Baunatal ihren ersten Bezirksjahrgangsmeistertitel von insgesamt 7 dieser Titel vor Neele Mazassek (SSG Fuldatal) und Madlen Mihm (Wasserfreunde Fulda). Ebenfalls 7 Bezirksjahrgangsmeistertitel konnten sich Elli Daufenbach (Kasseler SV, Jg. 2006), Jonas Klingebiel (SV Neptun Rotenburg, Jg. 2012), Malea Noak (Wasserfreunde Fulda, Jg. 2010) und Jesper Thaetner (SG ACT Baunatal, Jg. 2011) sichern. Weitere 8 Bezirksjahrgangsmeistertitel sicherte sich Artur von Horn (SG ACT Baunatal, Jg. 2008). Mit 10 Bezirksjahrgangs- und Bezirksmeistertiteln beendeten Aaron Samuel Schäffer (Jg. 2007) und Tom Mardus (Jg. 2006), beide SG ACT Baunatal, ihre diesjährigen Titelkämpfe. Die meisten Einzeltitel jedoch sammelte an diesem Wochenende Inessa Kelberer (Wasserfreunde Fulda, Jg. 2009) mit insgesamt 12 Goldmedaillen im Einzel ganz knapp vor Hendrik Link (SFD Fulda, Jg. 2004) mit 11 Goldenen. In der Jugend E (Jahrgänge 2014/2015) zeichnete sich Oleksandr Kovalenko von der SG Hessen Kassel als fleißigster Goldmedaillen-Sammler aus.
Auch wenn Schwimmen eine Einzelsportart ist, rücken doch auch häufig die wenigen Staffelwettbewerbe in den Vordergrund. So auch an diesem Wochenende. Für die 4x 100m Freistilstaffel weiblich meldete der Kasseler SV drei Mannschaften und beanspruchte damit auch die Medaillenränge für sich. Die insgesamt 16 Jahre jüngere Staffel der SG Hessen Kassel belegte in diesem Rennen Platz 5 und setzte mit Zlata Ruda die jüngste Teilnehmerin (Jg. 2013) in diesem Wettbewerb ein. Für die 4x200m Freistilstaffeln haben nur 3 Vereine gemeldet. Bei den Frauen sicherte sich der Kasseler SV die Goldmedaille vor der Gudensberger SG. Bei den Männern ergab sich selbige Reihenfolge, wobei sich die SG ACT Baunatal mit Gold vor den beiden Mannschaften platzierte. Hier zeigte sich nochmals als Folge der Pandemie und Energiekrise deutlich, dass gerade über die längeren Distanzen weniger Schwimmer*innen in den Vereinen zur Verfügung stehe. Auf 4x50m Staffeln wurde verzichtet. Ausdauertraining im Schwimmen benötigt eine gesicherte Technik und längere Trainingsumfänge, die aktuell noch nicht überall wieder zur Verfügung steht. Der Fokus der Vereine auf die kürzeren Strecken inkl. Technikschulung ist der richtige Ansatz und sollte vorangetrieben werden, damit auch diese Staffeln in den kommenden Jahren wieder zahlreicher besetzt werden können.
Mit großer Freude und lautstark umjubelt wurden die Finals bewundert, bei denen die Routiniers in großer Zahl vertreten waren und auf den Nachwuchs eine gewisse Motivation überschwappte. So standen die jeweiligen Vereinsmitglieder am Beckenrand und unterstützten ihre Mitstreiter mit lautstarken, teils rhythmischen Anfeuerungsrufen. Desto knapper die Entscheidungen wurden, desto lauter wurde es um den Beckenrand. Einige Entscheidungen fielen binnen eines Wimperschlags. Freude und Leid lagen in diesem Moment dicht beieinander, dennoch klatschte man sich ab und freute sich über das langersehnte Kräftemessen.
Im ersten Finale über 100m Schmetterling weiblich schlug Muriel Chantal Böhmicke (TSV Eschwege, Jg. 2001) als Erste an, bei den Männern gelang dieser „Start-Ziel“-Sieg Aaron Samuel Schäffer. Das 100m Rücken Finale weiblich entschied Inessa Kelberer für sich, bei den Männern gewann Tom Mardus ganz knapp. Ein weiteres sehr knappes Finale waren die 100m Freistil der Frauen. Hier trennte Platz 1-3 gerade einmal 0,36 sec. Als Erste, die Hand an der Wand, hatte dabei erneut Muriel Chantal Böhmicke vor Inessa Kelberer und Lillith Bethke (Kasseler SV, Jg. 2007). Bei den Männern sicherte sich Hendrik Link Gold vor Pascal Bartoldus (SG ACT Baunatal, Jg. 1997). Über 100 Brust fiel die letzte Final Entscheidung. Bei den Frauen siegte Elli Daufenbach vor Ann-Kathrin Heumann (Gudensberger SG, Jg. 1993) und Alisa Derkach (Kasseler SV, Jg. 2009), die beide zeitgleich anschlugen. Bei den Männern hatte Hendrik Link erneut klar die Nase vorn.
Der Höhepunkt der diesjährigen Bezirksmeisterschaften ereignete sich am Sonntagmorgen. Viele kamen sehr pünktlich zum Einschwimmen und ließen ihren suchenden Blick durch das Schwimmbad schweifen. Gesucht wurde der bereits angekündigte Olympionike und Weltmeister Chad le Clos (trainiert seit Ende September 2022 bei der SG Frankfurt). Erste vermuteten ihn im Becken gesehen zu haben, dann der Austausch mit befreundeten Mitstreitern und die Enttäuschung. Er war es doch nicht. So hörte man es aus vielen Ecken immer wieder. Dann wurde er das erste Mal gesichtet, er kam durch die Umkleiden in die Halle wie jeder andere auch. Sehr locker und entspannt. Stellte seinen Rucksack ab, nahm einen Schluck aus der Wasserflasche und grüßte freundlich „Good morning guys, how are you?“. Ein Superstar zum Anfassen, ganz nah und bodenständig. Nach kurzer Erwärmung ging er zum Einschwimmen und bereitete sich auf seine 200m Schmetterling vor. Am Beckenrand versuchte jeder einen Platz zu bekommen. Beide Seiten des 50m Becken standen voll, teilweise in Dreierreihen. Jeder wollte dieses einmalige Ereignis live miterleben. Kannte man ihn doch sonst nur aus TV und Livestream. Eine Würdigung und ausführliche Information über diesen 31-jährigen Ausnahme Schwimmer gab es über die Lautsprecher von Stefan Sonnenschein. Ebenso die Information, dass sich der Olympionike für eine Autogrammstunde und einen weiteren Start über 100m Freistil spontan bereit erklärt habe. Der Start folgte und überall wurde gejubelt, gefilmt und nach Worten gesucht. Sahen diese 200m Schmetterling doch so locker und entspannt aus. Nach 2:02,33 min schlug er an und war zufrieden. Qualifikationszeit für die Deutschen Meisterschaften in Berlin (im Rahmen der FINALS, 06.-.09. Juli 2023) erfüllt. Weiterhin ließ Chad le Clos es sich nicht nehmen, sich bei seinen Mitstreitern zu bedanken und ihnen zu gratulieren. Er verteilte anschließend Autogramme und nahm sich für jeden Einzelnen Zeit, beantwortete ganz locker ein paar Fragen und verabschiedete sich zur Mittagspause, nachdem er alle Wünsche erfüllt hatte. Die Resonanz war großartig. Dieses, für Viele ein einmalige, Erlebnis nehmen die Schwimmer*innen mit in die nächsten Trainingskilometer und gewinnen daraus neue Motivation. Selbst die wenigen Kampfrichter*innen, die eine Top-Zeit von einem Weltstar messen durften, waren stolz.
Der Ausrichter bedankt sich bei allen Helfer*innen und Kampfrichter*innen, ohne die eine solche Veranstaltung nicht durchzuführen gewesen wäre und freut sich nun auf ihre im Juli stattfindende 125-Jahrfeier.
Hessischer Schwimm-Verband e.V., Bezirk Nord
Pressewart - Carsten Gerke